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13.11.2024 - Entfernung eines Beamten wegen ausländerfeindlichen, menschenverachtenden, rassistischen und den Nationalsozialismus verharmlosenden Bild- und Textnachrichten in einem Gruppenchat der Wachabteilung der Feuerwehr, 8 K 1457/23, Urteil vom 13.11.2024

Datum der Entscheidung
13.11.2024
Aktenzeichen
8 K 1457/23
Normen
BeamtStG § 33 Abs. 1 Satz 3
BeamtStG § 34 Abs 1 Satz 3
BeamtStG § 47 Abs 1 Satz 1
BeamtstG § 49 Abs. 2
BeamtstG § 49 Abs. 3
BremDG § 13
BremDG § 24 Abs. 1
BremDG § 57 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 5
StPO § 474 Abs. 1
VwVfG § 20
Rechtsgebiet
Disziplinarrecht
Schlagworte
Disziplinarklage
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
Feuerwehr
Gruppenchat
innerdienstliche
Verfassungstreue
Leitsatz
1. Dem Grundrecht des Beamten auf informationelle Selbstbestimmung ist gemäß § 474 Abs. 1 StPO Vorrang vor dem einfachgesetzlich geregelten Akteneinsichtsrecht der Disziplinarbehörde bei der Übermittlung von Strafermittlungsakten an den Dienstherrn zu geben, wenn das Privat- und Intimleben des Beamten ohne jeglichen strafrechtlichen oder disziplinarrechtlich relevanten Bezug Gegenstand der Akten ist. Das Privat- und Intimleben des Beamten darf nicht in grundrechtsverletzender Weise ausgespäht werden.
2. Die Vorbefassung mit einer Sonderermittlung ist kein Grund, der geeignet ist, gemäß § 21 Abs. 1 VwVfG Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung einer Ermittlungsführerin zu rechtfertigen.
3. Die Pflicht zum „Eintreten“ für die verfassungsmäßige Ordnung (§ 33 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 BeamtStG) ist anders als die Pflicht zu ihrem „Bekennen“ bereits dann verletzt, wenn sich der Betreffende nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die den Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren; er darf daher auch nicht entgegen seiner inneren verfassungstreuen Gesinnung aus Solidarität zu Freunden, aus Übermut, aus Provokationsabsicht oder aus anderen Gründen nach außen hin verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützen und sich objektiv betrachtet illoyal verhalten.
4. Der Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht setzt nicht zwingend das Vorliegen einer eigenen verfassungsfeindlichen Gesinnung voraus. Wer nicht willens oder imstande ist, sich objektiv verfassungstreu zu verhalten, verstößt gleichermaßen gegen die Verfassungstreuepflicht und die Wohlverhaltenspflicht, ohne dass die „innere“ Verfassungsfeindlichkeit festgestellt sein muss.
5. Der Gruppenchat einer Wachabteilung kann auch dann in funktionalem Zusammenhang mit dem dem Beamten übertragenen Amt stehen und damit innerdienstlich sein, wenn diese Kommunikation in der Gruppe ausschließlich über private Endgeräte geführt wird und wenn diese Kommunikation private Inhalte außerhalb der Dienstzeit zum Gegenstand hat.
6. Die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (Zurückstufung) bildet den Ausgangspunkt für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme, wenn die Verletzung der Verfassungstreuepflicht nicht zugleich Ausdruck einer inneren Abkehr von den Fundamentalprinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung ist.
7. Von der Zurückstufung ausgehend kann die isolierte Beurteilung der Schwere des konkreten Dienstvergehens unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erfordern.
8. Verfestigt der Beamte durch sein Verhalten den „bösen Schein“ einer verfassungsfeindlichen Gesinnung, bedarf es einer besonders qualifizierten Auseinandersetzung des Beamten mit seinem Verhalten, damit er diesen bösen Schein erschüttern kann.
9. Ein Feuerwehrbeamter verhält sich besonders rücksichtslos, wenn er ausländerfeindliche, menschenverachtende, rassistische oder den Nationalsozialismus verharmlosende Bild- und Textnachrichten in einen Gruppenchat seiner Wachabteilung versendet, nachdem sich ein Kollege über den Inhalt ebensolcher Bild- und Textnachrichten bei ihm beschwert hat.